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Der Landkreis Harburg hat sich an der Erstellung "Masterplan Digitalisierung" des Landes Niedersachsen beteiligt. Hierfür wurde eine Mitarbeiterin für 3 Monate per Teilabordnung an das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr & Digitalisierung entsandt. Aufgabe war es, die Hemmnisse der kommunalen Verwaltung in Bezug auf die Digitalisierung aufzuzeigen. Entstanden ist u.a. ein eigener Beitrag des Landkreises Harburg im Masterplan zum Thema: "Was braucht die Kommune, um digital zu arbeiten?". Die Langfassung des Beitrages wird ausschließlich hier veröffentlicht:
Was braucht die Kommune, um digital zu arbeiten?
1. IT-Fachkräfte & know how
Insbesondere in den kleineren Kommunalverwaltungen ist häufig nur wenig IT-Fachpersonal vorhanden. In Gemeinden um die 10.000 Einwohner sind in der Regel nur 1 – 2 Personen mit der kompletten Bandbreite aller IT-Aufgaben betraut. Die Mitarbeiter sind verantwortlich für Systembetrieb, Anwendungsbetreuung, IT-Sicherheit, Datenschutz etc. und stellen sich zudem den Herausforderungen der Digitalisierung. Nach meiner Erfahrung herrscht zudem ein Mangel an IT-Kompetenzen im Führungspersonal der Verwaltungen. Die Behördenleitungen müssen die Komplexität der durch die Digitalisierung eintretenden Veränderungen erkennen und entsprechende Maßnahmen ableiten. Den zusätzlich benötigten IT-Fachkräften steht allerdings eine geringe Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt entgegen. Es müssen noch mehr Anreize für geeignetes Personal geschaffen werden.
Durch die Digitalisierung verändern sich aufgabenübergreifend die Prozesse in den Verwaltungen, also bedarf es darüber hinaus Personals, das die Steuerung hierfür übernimmt. Das Verwaltungspersonal in allen Fachabteilungen muss auf dem Weg des „Umdenkens" mitgenommen und ihm dazu entsprechendes know how vermittelt werden. Dazu muss die Schulung, Aus- und Fortbildung des Personals auf die digitale Abwicklung von Verwaltungsvorgängen ausgerichtet werden.
2. IT-Sicherheitsstandards für kommunale Verwaltungen
Wir brauchen gemeinsam mit den Kommunen verschiedener Größenklassen entwickelte Sicherheitsstandards, die auch in der Praxis umsetzbar sind. Gesetzliche Vorschriften erfordern häufig viel zu hohe Sicherheitsstandards für die Umsetzung digitaler Prozesse. Ein Beispiel ist die BSI-Zertifizierung für die Umsetzung des Waffengesetzes. Auch ISO-Zertifizierungen sind für kommunale Verwaltungen oft eine nicht zu meisternde Hürde. Unstrittig ist, dass die Gebietskörperschaften aber Sicherheitsstandards definieren und umsetzen müssen. Es sollten Standards definiert werden, die
3. Anpassung von Gesetzen & Vorschriften zur Umsetzung digitaler Prozesse
Die Rathäuser benötigen eine ausreichende Internetanbindung – das ist lange bekannt. Zu beachten ist jedoch, dass sich diese Anforderung auch auf Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden bezieht, die ehrenamtlich geführt werden. Diese besondere niedersächsische Verwaltungsstruktur zieht besondere Herausforderungen nach sich: Oft handelt es sich um kleinste Gemeindebüros in abgelegenen Orten. Auf Nachfrage kam vom Land in der Vergangenheit gelegentlich der Hinweis: „Dann soll die Samtgemeinde die Aufgabe für die Mitgliedsgemeinde übernehmen". So einfach ist das nicht. Die Samtgemeinde ist verpflichtet, die Mitgliedsgemeinden zu unterstützen, nicht deren Aufgaben zu übernehmen. Und die Unterstützung kann auch nur dann erfolgen, wenn es von der Mitgliedsgemeinde gewünscht ist.
Beispiel e-Rechnung
Mit Einführung der elektronischen Rechnung ist die Verwaltung verpflichtet, e-Rechnungen anzunehmen und zu verarbeiten. Hierzu muss eine Stadt Hannover ebenso in der Lage sein, wie z.B. eine kleine Gemeinde Undeloh in der Lüneburger Heide. Die Annahme der e-Rechnung muss die Mitgliedsgemeinde leisten können, die Buchführung erfolgt über die Samtgemeindekasse. Die Aufbewahrung der Unterlagen erfolgt in der Samtgemeinde. Ein sicherer Datenaustausch zwischen Mitgliedsgemeinden und Samtgemeinde ist zwingend erforderlich. Geregelt ist dies in der KomHKVO §37 Abs. 5. Dem entgegen steht §41, wonach die Aufbewahrung bei der Mitgliedsgemeinde und Samtgemeindekasse erfolgt. Nach meinem Verständnis muss sich also jede Gemeinde mit Themen wie „Langzeitdatenspeicherung" und „rechtssichere Archivierung von Daten" auseinandersetzen. Oft ist schon die Aufgabe, dem Rechnungsprüfungsamt die Originalrechnung elektronisch zur Verfügung zu stellen, eine große Hürde für kleine Verwaltungen. Dies spielt auch bei Verwendungsnachweisen in Förderverfahren eine erhebliche Rolle.
Beispiel BauGB
Im Mai 2017 ist eine Änderung des BauGB in Kraft getreten, wonach die Kommunen die öffentlichen Bekanntmachungen zu Bebauungsplanverfahren auf der eigenen Homepage zu veröffentlichen haben. Das B-Planverfahren ist eine gemeindliche Aufgabe. Insbesondere Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden haben oftmals keinen eigenen Internetauftritt. Wie werden diese den Forderungen gerecht, wenn es keine Verwaltungsvereinbarung zwischen Samtgemeinde und Mitgliedsgemeinden gibt?
Beispiel Beantragung i-Kfz
Die Beantragung eines neuen Kfz-Kennzeichens ist online nur mit dem elektronischen Personalausweis und dazugehörigem Lesegerät möglich. Das führt dazu, dass der online-Service kaum genutzt wird, da die Bürger dies schlicht nicht vorhalten. Als Gegenbeispiel sei hier die elektronische Steuermeldung genannt. Mit einer einfachen 2-Faktorauthentifizierung kann der Bürger seine Einkommenssteueranmeldung online einreichen. Der Schutzbedarf ist nach meiner Auffassung für viele digitale Prozesse zu reduzieren. Die Onlineangebote der Behörden sollten demnach niedrigschwellig und für die Nutzer unkompliziert sein.
Insgesamt müsste bei Erlass von Vorschriften für die Umsetzung digitaler Prozesse gleichwohl geprüft werden, ob ggf. bereits vorhandene Gesetze dem entgegenwirken. Eine Gesamtbetrachtung würde u.U. dazu führen, dass einige gesetzliche Vorgaben aufgebrochen und angepasst werden müssten.
Zitat aus der Begründung zum Niedersächsischen Gesetz zur Förderung und zum Schutz der digitalen Verwaltung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom MI, Stand 10.11.2016:
Das Leben ist schon digital, die Gesetze sind aber häufig noch analog.
4. Einrichtung einer Cloud – ausschließlich für Behörden
Für die Verwaltungen ist die Nutzung einer Cloud (Bsp. Amazon Web Services) undenkbar, die Bedarfe sind jedoch vorhanden. Es könnte eine gute Lösung sein, auf Bundes- oder Landesebene eine Cloud für Kommunale Verwaltungen einzurichten. Hierüber könnten auch kleinste Verwaltungseinheiten den Anforderungen für
gerecht werden – dies allerdings im geschützten Bereich.
Im Weiteren wären zukünftig sogar Services wie z.B.
denkbar.
Beispiel Entwurf KiTaG
Im aktuellen Entwurf des KiTaG ist vorgeschrieben, dass Kindertagesstätten zu dokumentieren haben. Hierfür müssen die Einrichtungen Konzepte erstellen und Fachverfahren einführen, denn nach heutigem Stand kann es sich wohl nicht um eine handgeschriebene Dokumentation handeln. Die Dokumentation der Kinder ist eine Verarbeitung von hochsensiblen Daten, die gesichert und geschützt werden müssen. Die Kindertagesstätten sind hierzu nur schwerlich in der Lage. Insofern bedingt die gesetzliche Forderung wiederum einen gesicherten Datenaustausch mit den Kommunalverwaltungen als Träger der Einrichtungen.
Berücksichtigung externer Lokationen
Grundsätzlich werden die digitalen Prozesse in den Kommunalverwaltungen abgebildet. Teil dieser Prozesse sind immer häufiger aber auch angehörige externe Lokationen, wie z.B. der gemeindliche Bauhof, die Touristinformation, die Freiwillige Feuerwehr, der Waldkindergarten oder das Freibad – jeweils begründet durch die Trägerschaft der Kommune. Für die teils entlegenen kleinsten Einrichtungen müssen Lösungen zur Anbindung gefunden werden, die
Die Einrichtung einer Behörden-Cloud würde Verwaltungsprozesse deutlich beschleunigen und den Komfort für alle Mitarbeitende erhöhen.
5. Einführung elektronischer Akten- und Archivierungssysteme
Ein Großteil der Kommunen setzt bislang keine durchgängigen elektronischen Akten- und Archivierungssysteme ein. Die Einführung eines Dokumentenmanagementsystems ist eine sehr kosten- und vor allem zeitaufwendige Aufgabe. Zunächst müssen die Verwaltungen ihre Prozesse beschreiben und analysieren, um sie digital abbilden zu können. Nur allzu oft bedarf es an dieser Stelle Umstrukturierungsmaßnahmen, da nicht alle Prozesse 1:1 digital umgesetzt werden können oder sollten. Hier liegt auch eine Chance für die Verwaltung, eingefahrene Vorgehensweisen aufzubrechen und zu erneuern. Gerade in kleineren Verwaltungseinheiten mit Außenstellen liegen die Vorteile elektronisch geführter Akten auf der Hand, jedoch ist aus den bereits genannten Gründen gerade für diese Kommunen diese Aufgabe eine große Herausforderung. Die Umsetzung zieht sich erfahrungsgemäß über mehrere Jahre hin, große Mehrwerte dagegen entstehen oft erst, wenn Fachverfahren angebunden werden. Nach Realisierung lassen sich Synergien erzielen, Bearbeitungszeiten deutlich verkürzen und die Behördenzusammenarbeit verbessern.
6. Gesicherte Behördenkommunikation zwischen Bund - Land - Kommunen
Es steht fest, dass die Behörden einen großen Bedarf an effizienter, verbindlicher und vertraulicher Kommunikation auf elektronischem Wege haben. Im Landkreis Harburg ist die E-Mailkommunikation über das Kreisnetz geregelt, Landkreis und kreisangehörige Städte und Kommunen senden ihre E-Mails im gesicherten Netz. Nahezu alle Fachabteilungen kommunizieren jedoch elektronisch darüber hinaus mit weiteren Behörden, auch auf Landes- und Bundesebene. Diese behördenübergreifende E-Mailkommunikation sollte zur Verbesserung des Zusammenwirkens deutlich sicherer und einfacher geregelt werden. Zu viele E-Mails mit sensiblen Inhalten werden nach wie vor von den Mitarbeitenden der Behörden über das Internet versendet. Zum einen gilt es, die Mitarbeitenden für den Datenschutz zu sensibilisieren, zum anderen könnte aber vorhandene Infrastruktur genutzt werden, um sicherere Kommunikationswege zu ermöglichen. Realisiert werden könnte dies über das Landesdatennetz.
Fazit
Bei den vorstehend genannten Ausführungen handelt es sich lediglich um die aus meiner Sicht relevanten Schwerpunkte, die die Hemmnisse der Kommunen, digital arbeiten zu können, aufzeigen sollen. Was Kommune wirklich braucht, um digital arbeiten zu können ist vor allem eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Land und Bund. Dann fehlen aber gerade den kleineren und mittleren Kommunen auch noch die finanziellen Möglichkeiten. Wenn also der Wunsch Vater des Gedanken ist, wie wäre es mit einem vom Land auch für die Kommunen durchfinanzierten Projektmanagement, um die vorstehenden Aufgaben zukunftsgerecht angehen zu können?
(c) Stefanie Kempert
Frau S. Kempert | |
Amt / Bereich ITK - Harburg AöR Kreisverwaltung Gebäude O / ITK Harburg Von-Somnitz-Ring 3 21423 Winsen Telefon: 04171 693-9774 E-Mail: s.kempert@lkharburg.de |
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